Kleindenkmalweg – 15. Johanneskapelle

Johanneskapelle

In Vorzeiten war das Umland der heutigen Johanneskapelle See- bzw. Sumpfgebiet wie ein großer Teil des Gemeindegebietes. Eine tiefer gelegene Stelle, in jenem Gebiet, welches in der Franziszeischen Katastermappe von 1822 die Grundstücksnummer 6081 mit der Riedbezeichnung Igelsee aufweist, wurde als Bründl bezeichnet. Bei diesem Bründl befand sich ein Kreuz, welches ab 1702 dem Verfall preisgegeben worden war. In dieser Zeit gingen die Ortsbewohner, die gemain, wenn sie von Gott Hilfe erbitten wollten, zum Creuz beym Bründl, beteten dort und rührten mit den Stangen der mitgetragenen Fahnen das Bründlwasser um. Pfarrer Andreas Gartner war bemüht, den Aberglauben seinen Schäflein auszureden und sie von deren Treiben (Missbrauch) abzuhalten. Doch im Dezember des Jahres 1738 ersuchte die Ehrsame gemain,[1] jährlich ein „Amt“, eine Messe, zu halten und sodann das untere Kreuz beim See (vorher auch Kreuz beim Bründl genannt) zu weihen. In diesem Jahr notierte der Pfarrer: dieses Kreuz oder Station ist auf alten orth, wo Vorhin ein gewölbte Station, wie diese gewest ist, Von der gemain alhir widerumb Verflossenen Sommer und Herbst aufgebaut worden. Sie haben zwar verlangt, daß Sie das Bildt, auf welchem hl. Sebst. et Rocha et h. Rosalia gemahlen processionaliter hinab Trag zu derffen, welches ich ihnen weg kalten windt abgeschlag, und befohl, daß Sie das bildt hinab Trag und aufmach sollten, alsdann wird ich kom und benedizirn, so auch geschehen, daßhinführo die Station nicht sollte Capelln, sondern das gamein Creuzbym unter See genannt werden.

Am 26. Mai 1746 ließ der Pfarrer den alten Georg List zu sich rufen, weil er gesehen hatte, dass ein altes Bild beim Kreuz auf Kosten des List angebracht worden war. Er ermahnte ihn, den Aberglauben zu lassen, das Geld für andere Zwecke zu verwenden und drohte ihm an, alle beim Kreuz angebrachten Tafeln, Stangen und Krüge zu verbrennen, wenn sie ohne sein Wissen dort angebracht worden seien.

Als der Pfarrer aber in Marchegg war, wurde in seiner Abwesenheit das Bründl ausgemauert. Ob die Gemeinde etwas dazu beigetragen hatte, konnte der Priester nicht in Erfahrung bringen. Er meinte: Ist wohl achtung gegeben, ob mit der zeit die gemain od anderAndächtler nicht etwann ein wunder-bründl daraus mach wolln, oder ob sie nicht dazu saml werden zur unterhaltung, dann es ist dis schon Zuvil, das Si in das Creuz ainopferstockh ohne erlaubnis hinein gesezt, und ich nicht weis, wer das gelt einnimt, und wohin es komt.[2]

Die Kapelle war jedenfalls, ob sie nun Station, Capelle oder gmein Creuzbeym unteren See genannt wurde, erhalten geblieben.[3]

1893 wurde sie bereits Kapelle des heiligen Johannes genannt. In diesem Jahr hatte eine Verehrerin des heiligen Johannes (ein armes Weib) bei den Ortsbewohnern 40 Gulden erbettelt, für welches Geld statt des in Trümmern liegenden Gatters ein solides eisernes Gatter mit vergoldeten Spitzen aufgestellt wurde. Die Gemeinde ließ in anerkennenswerter Weise die Kapelle innen und außen renovieren.

1946 wurden die auf den Feldern notdürftig begrabenen Kriegerleichen von den Heimkehrern ausgegraben und am 16. Dezember 1946 in einem Gemeinschaftsgrab (Massengrab) bei der Johanneskapelle beerdigt. In ungeweihter Erde und ohne jede weltliche und kirchliche Feier, wie DDr. Meinhard Gottwald vermerkte. Doch in der damaligen Zeit, in welcher ausschließlich die sowjetischen Besatzer bestimmten, was zu geschehen habe und was zu unterlassen sei, war ein feierliches Bestatten ihrer Feinde, und auch jede andere Handlung, welche mit dem besiegten deutschen Heer in Zusammenhang gebracht werden konnte, mit Verfolgung und Strafen bedroht. Oft wurden solche Vergehen mit der Deportation in sibirische Zwangsarbeitslager geahndet.

Noch bei der Ehrung der Gefallenen im Jahre 1952 durften auf den Kranzschleifen und bei Ansprachen die Worte „Helden“ nicht verwendet werden. Als solche durften nur die sowjetischen Soldaten bezeichnet werden, für unsere Gefallenen war nur die Bezeichnung „Krieger“ zulässig.

Nach einem Bericht des Herrn Robert Bittner (1926) befand sich links neben der alten Johanneskapelle eine Geschützstellung, eine große Mulde in welcher ein Artilleriegeschütz stand, welches im Zuge der Kampfhandlungen von den deutschen Truppen verlassen wurde. Diese von allem Kriegsunrat gesäuberte Mulde wurde zum Teil ausgehoben und solcherart zu einem Massengrab umfunktioniert. Alle Gefallenen, darunter auch ein in unmittelbarer Nähe der Kapelle neben der Hauptstraße liegender, von einem Panzer überfahrener Soldat, wurden in diesem Grab beigesetzt. Nach Brauch der Soldaten der Deutschen Wehrmacht wurde um das Grab ein Zaun aus Birkenholz errichtet und an der Rückseite ein Birkenkreuz samt Inschrift versetzt. Die Inschrift ist nicht mehr bekannt.

Zu Allerheiligen 1947 wurde das Kriegsgrab eingeweiht und eine Gedenkfeier abgehalten.

Nach der Kanalverlegung 1970 hat man den bei der Johanneskapelle befindlichen Teich zugeschüttet, die Kapelle wurde von der Gemeinde renoviert und eine Grünanlage um diese herum angelegt. Doch schon im folgenden Jahr entstand eine Diskussion, ob es nicht besser wäre, die Kapelle zu versetzen, um neue Bauplätze für Ortsbewohner schaffen zu können. In der Folge gab es viele Vorschläge, auch von einem eigens zur Lösung dieses Problems gebildeten Komitee, welches aus Mitgliedern des Gemeinderates und des Pfarrgemeinderates bestand. Am 15. Februar 1974 beschloss schließlich der Gemeinderat, als Standort die Parzelle 1472/9 zur Verfügung zu stellen.[4]

Die alte Kapelle wurde abgetragen und die neue von Baumeister Kucharovits errichtet, das Verlegen der Schindeln wurde von Zimmermeister Ferdinand Leiss durchgeführt, die Natursteinplatten verlegte Baumeister Kurka’s Polier Leopold Lininger. Viele freiwillige Helfer leisteten anfallende Hilfsarbeiten.

Zum Gedenken an die in den Kämpfen im Umland von Lassee im April 1945 gefallenen deutschen Soldaten pflanzte Robert Bittner (geb. 1926), damals Vizebürgermeister, mit dem Gemeindearbeiter Mathias Herzan auf der um die Johanneskapelle angelegten Wiese 37 Birken für jeden Gefallenen eine Birke.

Vor Aufnahme der Arbeiten zur Versetzung der Johanneskapelle wurden alle Gefallenen exhumiert und im Pfarrfriedhof beigesetzt. 1977 musste der Gemeinderat der neuerlichen Exhumierung der Gefallenen und deren Überführung nach Allentsteig, wo sie in einem großen Heldenfriedhof bestattet wurden, zustimmen. Durchgeführt wurde dies im Jahre 1978.[5]

Jedes zweite Jahr wird eine Bittprozession zur Johanneskapelle durchgeführt. Familie Waraschitz, Untere Hauptstraße 60, sorgt für die Pflege der Johanneskapelle und führt auch bei gegebenen Anlässen deren Ausschmückung durch.


[1] Originaltext Gedenkbuch Pfarre Lassee 1705-1856

[2] Originaltext Gedenkbuch Pfarre Lassee 1705-1856

[3] Denkmäler in der Marktgemeinde Lassee 1993 (Kalupner) 19

[4] Gemeinderatsprotokoll vom 15. 2. 1974

[5] Denkmäler in der Marktgemeinde Lassee 1993 (Kalupner) 20


Text: Franz Brandstetter (Zusammengestellt 15. Juli 2022)

Trotz gewissenhafter Nachforschung besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit.

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